Standing in der Klasse. "Wer einen Menschen sucht, der sein Leben verändert, sollte in den Spiegel schauen"

Es ist, wie es meistens ist: viele Kinder mit vielfältigen Anforderungsprofilen in einer Klasse, viele zusätzliche Aufgaben im regulären Unterricht, viele Worte wie Inklusion und Integration, die viel mehr und immer neue Kompetenzen erfordern, viele Herausforderungen im engmaschig gestrickten Lehrpersonalschlüssel, viele Aufgaben auch im eigenen Alltag jenseits der Schule. Und am Ende kann das "Viel" manchmal zu einem "Zu Viel" werden.
Die Stimme wird hektisch, der Körper müde und die Gedanken sind immer schwerer zu sortieren. Vielleicht wird plötzlich die Stimme erhoben, wo Ruhe zu verbreiten wäre. Vielleicht wird der individuelle Fortschritt der Schülerinnen und Schüler gar nicht mehr gesehen, weil es oft nur um zählbare oder benotbare Fortschritte der geamten Klasse geht. Unsicherheiten sind nicht eingeplant, Erschöpfung unerwünscht, ein Sich-Verlaufen völlig inakzeptabel - so scheint es.
Doch: nur, wer sich verläuft, findet neue Wege. Nur wer bereit ist, jenseits der klaren Ergebnisse der Noten den Menschen zu sehen, wird seinen wahren Wert erahnen können. Und manchmal führt eine offen geteilte Erkenntnis von "weiß ich jetzt im Moment auch nicht" oder "darüber lasst uns mal gemeinsam nachdenken" zu einem ehrlichen gruppendynamischen Prozess.
Das Ich vor der Klasse ist wichtig; das Ich mit der Klasse noch wichtiger und das Ich in mir selbst sollte im Sinne aller stets die Möglichkeit haben, gehört zu werden.
In diesem Sinne gilt es Resilienz zu fördern, an der Körpersprache zu arbeiten und vor allem neue starke Seiten an sich selbst zu entdecken.
Haben Sie schon mal die Kraft einer neuseeländischen Haka (auch mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam) gefühlt? Haben Sie im Stockkampf schon mal laut und klar und deutlich: "Nein" oder "Stop" gerufen. Haben Sie ihren eigenen inneren Kritiker schon mal weggelacht? Haben Sie sich selbst in Gestik und Mimik und Habitus schon mal vor dem Spiegel beobachtet - also quasi aus der Position der Schülerinnnen und Schüler heraus? Und haben Sie gewusst, dass das Wort "scheitern" im Lateinischen "deficere" heißt, aber ausschließlich in Bezug auf einen schwindenden Kontostand verwendet wurde? Das heißt dann auch, dass es jederzeit möglich ist zu korrigieren, den Stand wieder zu erhöhen und zu wachsen.
Also machen wir uns auf den Weg zu einer kleinen Reise zu uns selbst. Denn: Standing in der Klasse heißt bei sich zu sein - sein Bestes geben zu wollen - gemeinsam neue Wege zu suchen - und vor allem, in sich selbst ruhen zu dürfen.